
Kronen Zeitung
70 JAHRE LEGENDÄR
Beim Trainer Hans Krankl nahm das Vogerl Reißaus
Mit Achtungserfolgen gibt sich ein ehemaliger Torjäger Hans Krankl nicht zufrieden, als Coach blieben dem Goleador, der heute seinen 70er feiert, die großen Treffer versagt - da war er der „Hans ohne Glück“ ...
Vieles flutscht bei Hans Krankl locker-luftig heraus, aber manche Buchstaben muss er beißen, ehe sie das Licht der Welt erblicken: „Ich hatte als Trainer nicht das Glück wie als Spieler, aber damit kann ich leben.“ Das klingt sehr abgeklärt, aber wenn man ihn ein bisschen besser kennt, weiß man, dass das einer der gebissenen Sätze ist. Klar kann er damit leben - weil er es muss. Aber gegen alles, was er als Spieler erreicht hat, bleibt seine Bilanz als Trainer auch für ihn selbst unbefriedigend. Mit Mödling um einen UEFA-Cup-Platz mitgespielt, die Admira vor dem Abstieg gerettet, als Teamchef gar keine so schlechte Bilanz eingefahren zu haben - all das ist nicht schlecht. Aber „nicht schlecht“ ist für einen, der als Spieler schon die Einstufung „gut“ als Beleidigung empfunden hätte, inakzeptabel.
Zwölf Sekunden fehlen
Wobei unbestreitbar ist, dass das Glücksvogerl, das beim Spieler in der Größe eines Steinadlers auf dem Kopf genistet hatte, beim Trainer Krankl Reißaus nahm. Und zwar schon bei seiner ersten Trainerstation Rapid. Nach 91 Minuten und 48 Sekunden führte seine Mannschaft im Cupfinale gegen die Austria mit 1:0, ehe Andi Ogris zwölf Sekunden vor dem Schlusspfiff der Ausgleich gelang, und die Violetten in der Verlängerung 3:1 gewannen. Statt des ersten Titels im ersten Trainerjahr nahm die Geschichte „Hans ohne Glück“ ihren Lauf und setzte sich bei Rapid auch international fort - mit denkbar unglücklichen Ausscheiden gegen Lüttich und Inter Mailand.
Die bitterste Pleite auf europäischer Bühne erlitt er aber als Tirol-Trainer gegen La Coruna, als seine Mannschaft nach einem 2:0-Heimsieg in Spanien mit 0:4 unterging. Das traf Hans Krankl ins Mark, denn hätte er mit seiner Truppe La Coruna eliminiert, wäre für ihn die Tür für einen Trainerjob in Spanien ganz weit aufgegangen. Und schon sein Trainerkollege Werner Gregoritsch hatte diagnostiziert: „Der Hans ist eigentlich ein Typ für die Mailänder Scala und muss auf der Löwingerbühne auftreten.“
Was die Erfahrung im Spitzenfußball, Charisma, Motivationskunst und Auftreten betrifft, war dieser Befund zweifellos richtig. Aber es geht eben auch um Mess- und Zählbares, und das konnte Krankl als Trainer letztendlich nicht ausreichend liefern.
Fußball ist nicht familiär
Dass er ausgerechnet beim kleinen Provinzklub Mödling seine stärksten Momente hatte und viele schöne Erfahrungen machte, ist kein Zufall. Denn dort konnte er seine Vorstellung vom Trainerdasein mit ihm als Übervater, den Spielern als Kindern und dem Klub als Familie leben. Weil die Struktur überschaubar war und ihn alle uneingeschränkt lieb hatten.
Dass der Profifußball aber im Endeffekt halt doch nichts Familiäres hat, lernte er endgültig als österreichischer Teamchef. Er hatte seine Rolle als patriotischer „Papa Nationale“ angelegt, aber im Unterschied zu einer Familie kann ein Verband einen „Papa“ einfach austauschen, wenn er einem nicht mehr passt. Das ist etwas, mit dem Hans Krankl zwar leben kann, aber nicht leben will. Das ist ein bisserl naiv, in manchen Situationen unklug, aber ziemlich sympathisch.
In diesem Sinn: Feliz cumpleaños, goleador.
Wolfgang M. Gran
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